In vino veritas

Veröffentlicht am 19. Juli 2009 um 02:30

Im Laufe des Samstags kommen alle an. Die einen mit dem Auto aus Deutschland, andere mit dem Zug, zwei flogen in Split ein. Biograd in Dalmatien ist unser Ausgangshafen. Schnell werden die Aufgaben verteilt: Einkaufen im Supermarkt, Bunkern von Gepäck und Proviant, Bootsübergabe durch den Vercharterer. Es ist heiß, schwül und wir suchen Entspannung. Zum Kochen hat keiner Lust nach diesen Anstrengungen. Auf der Stadtseite der Pier reiht sich ein Restaurant an das andere; wir haben die Wahl: kroatisch, italienisch, vom Burger bis vegan, selbst ein Franzose winkt uns ein. Aufdringlich sind die Platzanweiser. Bis man sitzt, sind sie freundlich.

Mir passt das gar nicht und schlage vor: „Lasst uns erst noch einen kleinen Gang durch den Ort machen, ein bißchen Laufen tut gut.“ Zwei Mal rechts - drei Mal links, in einer kleinen Gasse steht KONOBA auf einem selbst gemalten Schild. Über den Hinterhof kommen wir in einen kleinen, vielleicht 50 Quadratmeter großen Gastraum. Ein alter Mann lädt uns freundlich zu Tisch. Er schaltet ein paar Lampen an und auf dem  blankem Holztisch ohne Tischdecke und sonstigem Schnickschnack wird serviert. Selbst hergestellter Käse, Schinken aus eigener Tierhaltung, köstliche Oliven und Tomaten aus eigenem Anbau, Olivenöl vom Hof, Weißbrot und selbstverständlich eigener Rot- und Weißwein. In welches Paradies sind wir geraten? Srinko ist 70 und zeigt uns Fotos von seinem Landbau unweit von Biograd. Es schmeckt vorzüglich, Fingerfood mit Serviette. Bald trudeln weitere Gäste ein, Männer aus dem Dorf. Ein paar mit Gitarre, einer mit Akkordeon, und alle haben ihre Stimmen dabei. Und schon geht die Party los. Wir sitzen mitten in der Stammkneipe der Biograder „Klapa“-Sänger. Kroatische Volkslieder und dalmatinische Freiheitsgesänge. Ein Lied können wir mitsingen: „In vino veritas“, bei den anderen Liedern reicht „La, la, la“. Wir singen mit und tanzen den ganzen Abend. Der Rotwein fließt in Strömen. Die Gäste gehen hinter den Tresen und schenken sich selbst ein. Srinko hat längst die Kontrolle über seinen Laden verloren. Gegen drei Uhr wanken wir aufs Schiff und schlafen selig ein. Einstimmig beschließen wir das Programm für den Abschlussabend unseres Törns: „Srinko, wir kommen wieder!“


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