Dirty Harry

Veröffentlicht am 15. August 1996 um 20:18

1996 war es soweit: Den Segelschein frisch in der Tasche und ab in die Masurische Seenplatte. Nach der Wende stand Osteuropa auf der Agenda. Wir hatten unser Boot bei dem staatlichen polnischen Touristikunternehmen ORBIS gechartert. Unsere Freunde aber vertrauten eher einer jungen polnischen Charterfirma, die über familiäre Kontakte ins Rheinland verfügte; eine kluge Entscheidung.

Als wir unser Boot übernehmen wollten, wusste niemand nicht irgendetwas. Erst unsere Buchungsbestätigung machte dem staatssozialistischen Charterbeamten Dampf und er sagte uns ein Boot für den nächsten Tag zu. Aber was wir da übernehmen sollten, spottete jeder Beschreibung: Dreckig, verpeekt, ohne Klampen. Die roten Plüschpolster waren muffig. Unser Ältester sagte: „Mit dieser Bordellschaukel fahre ich nicht!“ Die Sonne half trocknen und aus herumliegenden Holzresten fertigte ich Segellatten an. Und dann ging’s los. Vier Erwachsene und vier Kinder auf zwei 9-Meter-Booten. Nun ja, die eine Yacht modern, gepflegt und technisch okay, das andere Boot eben … „Dirty Harry“. Von Weitem schon konnte man unser Boot an den schmutzigen braunen Segeln erkennen. Unterwegs brach dann auch noch die Backbordwant. Wir wendeten, um den Winddruck auf die Steuerbordwant zu legen und ersetzten das gebrochene Teil durch eine Schot; man weiß sich ja zu helfen.

Und trotzdessen erlebten wir einen traumhaften Segelurlaub auf den Kanälen und den großen masurischen Seen: Darginsee, Taltersee und Spirdingsee. Frischer Fisch, bestes Fleisch vom polnischen Bauern und gutes Bier, was will man mehr. Hilfsbereite Menschen und gepflegte Innenstädte in Gizycko und Mikolajki.


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